Abschiedstanz
Dec. 25th, 2007 08:12 amEin Mensch 2007. Das sind wir alle. Für irgendwen.
von littletorpedo
Da flimmern Bilder über meinen Bildschirm. Menschen des Jahres. Sie erscheinen wie kleine Helden, deren Leben Bedeutung hat. Sie haben Großartiges geleistet im letzten Jahr, sie haben gekämpft, standen für andere ein, protestierten oder retteten Leben. Sie waren Schlüsselfiguren im politischen Wettstreit oder aber Aushängeschilder der Wirtschaft.
Ich bin nicht Angela Merkel, die einen Handkuss vom französischen Präsidenten bekommen hat. Erst recht bin ich nicht Hillary Clinton und halte Wahlkampfreden.
Ich habe nicht mein Hab und Gut bei einem Flammeninferno verloren, bin nicht vor irgendeiner Küste dieser Welt in Seenot geraten oder musste tennisballgroßen Hagelkörnern ausweichen.
Ich bin kein Mitglied einer Sondereinsatzkommission, kein Feuerwehrmann oder Rettungssanitäter. Ich werde recht selten die Möglichkeit in meinem Leben erhalten, einem Menschen das Leben zu retten. Ich habe nicht gegen den G8-Gipfel demonstriert, bin nicht auf die Straße gegangen, um meinen Arbeitsplatz zu erhalten oder habe gestreikt, um etwas mehr Lohn zu bekommen. Ich bin keine Buddhistin, kein Mönch und schon gar nicht der Dalai Lama. Ich bin nicht mal Mitglied bei Greenpeace und habe mich auch nicht nackt fotografieren lassen, um gegen Tierversuche oder die Gletscherschmelze zu protestieren. Eigentlich war ich dieses Jahr nicht ein einziges Mal auf der Straße, um meine Stimme für oder gegen irgendetwas zu erheben.
Ich habe dem Papst nicht die Hand geschüttelt, aber ich habe zum Glück auch keine vermisste Tochter. Ich habe nicht mal ein Kind! Ich bin nicht Fußballweltmeisterin. Verdammt, ich saß ja nicht einmal im Stadion, als Schalke gegen Dortmund verlor und damit mal wieder knapp die Meisterschaft verpasste!
Ich bin keine Terrorverdächtige. Ich habe es nicht einmal geschafft, im Knast zu landen und dort Sekt zu trinken. Ich bin nicht die Tierpflegerin von Knut oder einer der Jungs von Tokio Hotel, die die Welt erobern.
Ich bin kein Mensch 2007, denke ich. Meine größte Neuanschaffung des Jahres war kein IPhone, sondern nur neue Kopfhörer für meinen mp3-Player. Die weiteste Strecke, die ich dieses Jahr zurückgelegt habe, liegt irgendwo zwischen Berlin, Mannheim und Amsterdam. Ich bin fast jeden Tag aufgestanden, bin zur immer gleichen Uhrzeit dieselbe Strecke mit demselben Bus zur Arbeit gefahren. Habe es bis zu einem Bauchtanzkurs geschafft und zeitgleich eine Fortbildung angefangen. Ich habe eine neue Freundin in diesem Jahr gefunden, habe um einen lieben Menschen getrauert und bestreite dieses Leben immer noch mit demselben Partner wie im letzten Jahr. Auch ich habe in meiner WG über die NPD, den Klimawandel und die Kinderbetreuung diskutiert. Bin ausgegangen, nachts betrunken ins Bett gefallen oder verschwitzt aus Konzerthallen getaumelt.
Meine Bilder des Jahres tanzen vor meinem Auge. Sie scheinen eine Grenze zu ziehen zwischen der Welt und mir. Ich sehe die Gesichter von geliebten Menschen. Sehe die Bilder der Verlobungsfeier meines Bruders, das Funkeln in den Augen meines Freundes, als er seinen Weihnachtsteller erblickte, höre das Lachen meines Mitbewohners, das so ansteckend ist, dass ich schmunzeln muss.
Mein Blick fällt wieder auf den Bildschirm. Der Beitrag ist vorbei. Das Schwingen der Menschen, die die Welt verändern, ist vorbei. Doch meine Bilder sind noch da. Sie wiegen mich im Takt des Jahres. Zeigen mir meine Menschen 2007. Die, die mir die Hand hielten, mich unterhielten und mit mir andere Wege gingen. Und sie geben mir ein Gefühl – auch ein Mensch zu sein. Der wichtig ist, für die, die dieses Leben mit mir teilen. Ein Mensch 2007. Das sind wir alle. Für irgendwen. Ohne auf dem Bildschirm vor Millionen anderen Menschen zu tanzen.
Hier gefunden.
von littletorpedo
Da flimmern Bilder über meinen Bildschirm. Menschen des Jahres. Sie erscheinen wie kleine Helden, deren Leben Bedeutung hat. Sie haben Großartiges geleistet im letzten Jahr, sie haben gekämpft, standen für andere ein, protestierten oder retteten Leben. Sie waren Schlüsselfiguren im politischen Wettstreit oder aber Aushängeschilder der Wirtschaft.
Ich bin nicht Angela Merkel, die einen Handkuss vom französischen Präsidenten bekommen hat. Erst recht bin ich nicht Hillary Clinton und halte Wahlkampfreden.
Ich habe nicht mein Hab und Gut bei einem Flammeninferno verloren, bin nicht vor irgendeiner Küste dieser Welt in Seenot geraten oder musste tennisballgroßen Hagelkörnern ausweichen.
Ich bin kein Mitglied einer Sondereinsatzkommission, kein Feuerwehrmann oder Rettungssanitäter. Ich werde recht selten die Möglichkeit in meinem Leben erhalten, einem Menschen das Leben zu retten. Ich habe nicht gegen den G8-Gipfel demonstriert, bin nicht auf die Straße gegangen, um meinen Arbeitsplatz zu erhalten oder habe gestreikt, um etwas mehr Lohn zu bekommen. Ich bin keine Buddhistin, kein Mönch und schon gar nicht der Dalai Lama. Ich bin nicht mal Mitglied bei Greenpeace und habe mich auch nicht nackt fotografieren lassen, um gegen Tierversuche oder die Gletscherschmelze zu protestieren. Eigentlich war ich dieses Jahr nicht ein einziges Mal auf der Straße, um meine Stimme für oder gegen irgendetwas zu erheben.
Ich habe dem Papst nicht die Hand geschüttelt, aber ich habe zum Glück auch keine vermisste Tochter. Ich habe nicht mal ein Kind! Ich bin nicht Fußballweltmeisterin. Verdammt, ich saß ja nicht einmal im Stadion, als Schalke gegen Dortmund verlor und damit mal wieder knapp die Meisterschaft verpasste!
Ich bin keine Terrorverdächtige. Ich habe es nicht einmal geschafft, im Knast zu landen und dort Sekt zu trinken. Ich bin nicht die Tierpflegerin von Knut oder einer der Jungs von Tokio Hotel, die die Welt erobern.
Ich bin kein Mensch 2007, denke ich. Meine größte Neuanschaffung des Jahres war kein IPhone, sondern nur neue Kopfhörer für meinen mp3-Player. Die weiteste Strecke, die ich dieses Jahr zurückgelegt habe, liegt irgendwo zwischen Berlin, Mannheim und Amsterdam. Ich bin fast jeden Tag aufgestanden, bin zur immer gleichen Uhrzeit dieselbe Strecke mit demselben Bus zur Arbeit gefahren. Habe es bis zu einem Bauchtanzkurs geschafft und zeitgleich eine Fortbildung angefangen. Ich habe eine neue Freundin in diesem Jahr gefunden, habe um einen lieben Menschen getrauert und bestreite dieses Leben immer noch mit demselben Partner wie im letzten Jahr. Auch ich habe in meiner WG über die NPD, den Klimawandel und die Kinderbetreuung diskutiert. Bin ausgegangen, nachts betrunken ins Bett gefallen oder verschwitzt aus Konzerthallen getaumelt.
Meine Bilder des Jahres tanzen vor meinem Auge. Sie scheinen eine Grenze zu ziehen zwischen der Welt und mir. Ich sehe die Gesichter von geliebten Menschen. Sehe die Bilder der Verlobungsfeier meines Bruders, das Funkeln in den Augen meines Freundes, als er seinen Weihnachtsteller erblickte, höre das Lachen meines Mitbewohners, das so ansteckend ist, dass ich schmunzeln muss.
Mein Blick fällt wieder auf den Bildschirm. Der Beitrag ist vorbei. Das Schwingen der Menschen, die die Welt verändern, ist vorbei. Doch meine Bilder sind noch da. Sie wiegen mich im Takt des Jahres. Zeigen mir meine Menschen 2007. Die, die mir die Hand hielten, mich unterhielten und mit mir andere Wege gingen. Und sie geben mir ein Gefühl – auch ein Mensch zu sein. Der wichtig ist, für die, die dieses Leben mit mir teilen. Ein Mensch 2007. Das sind wir alle. Für irgendwen. Ohne auf dem Bildschirm vor Millionen anderen Menschen zu tanzen.
Hier gefunden.